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Kadenz

Kadenz im Krafttraining für maximalen Muskelaufbau

Inhaltsübersicht

Kennst du diesen Typ im Gym, der jede Wiederholung mit maximalem Speed und Schwung absolviert? Du schaust 3 Sekunden weg und er hat schon gefühlt 10 Reps gemacht. 

Oder den anderen der fast schon auf die Stoppuhr schaut während er eine Wiederholung macht. Du bist mit einer kompletten Übung durch und er hängt immer noch im gleichen Satz, weil jede Wiederholung 10 Sekunden dauert?

Es gibt viele Extreme im Gym.

Auf der anderen Seite trainieren 90 % vermutlich in einem unbewussten 2010 Tempo. 

  • Was versteckt sich hinter diesen Zahlen?
  • Sind sie relevant für Muskelaufbau, Kraftaufbau und Fettabbau? 
  • Wie kannst du diese Zahlen nutzen, um das Maximum aus deinem Training herauszuholen?

Genau das schauen wir uns jetzt an. 

Kadenz im Krafttraining – Definition

Okay, was ist also gemeint, wenn von Kadenz gesprochen wird?

Bei der Kadenz handelt es sich um eine Geschwindigkeitsangabe. Sprich wie schnell sollst du welchen Bereich der Übung absolvieren. 

Dabei gibt es eine Anordnung von 4 aufeinanderfolgenden Zahlen. Zum Beispiel 2010. Schlüsseln wir das ganz mal auf. 

  1. Die erste Zahl gibt die exzentrische Bewegungsgeschwindigkeit an. Also das “Ablassen des Gewichts.”
  2. Zahl Nummer 2, gibt die Zeit an der Umkehrposition nach der exzentrischen an. 
  3. Die dritte Zahl, steht für die konzentrische Geschwindigkeit. Das “überwinden” des Widerstands. 
  4. Die 4te und letzte Zahl steht für die Pause am Umkehrpunkt nach der konzentrischen Phase

Machen wir das mal an einem Beispiel etwas konkreter.
Eine Kniebeuge im 4210 Tempo. 

4 Sekunden soll die Bewegung nach unten dauern.
2 Sekunden wird unten gehalten.
1 Sekunde wird das Gewicht nach oben beschleunigt.
0 Sekunden wird das Gewicht oben am Umkehrpunkt gehalten. 

Ein weiteres Beispiel damit es 100 % klar wird.
Der Klimmzug im 5012 Tempo. 

1 Sekunde ziehst du dich nach oben.
2 Sekunden wird oben gehalten.
5 Sekunden ist die abwärts Bewegung.
0 Sekunden am untersten Punkt halten. 

Hier wird nun schnell klar. Die erste Zahl ist nicht immer die erste Bewegung. Je nachdem, ob eine Übung mit der Exzentrik oder Konzentrik startet. Der Klimmzug startet zum Beispiel mit der Konzentrik, genauso wie das Kreuzheben. Bankdrücken und Kniebeuge starten mit der exzentrischen Bewegung. 

Lies die Kadenz richtig und achte auf die von mir beschriebenen Variablen um die Übung korrekt nach Vorgabe auszuführen. 

Warum ist die Geschwindigkeit einer Wiederholung wichtig für den Muskelaufbau oder Fettabbau? 

Kadenz und Speed im Krafttraining

Stell dir eine Person vor, die eine Wiederholung in einem 4210 Tempo absolviert und eine, die die gleiche Übung mit einem 2010 Tempo absolviert. 

Gleiche Wiederholungen. Gleiches Gewicht. Gleiche Anzahl der Sätze.

Auf dem Papier ist es genau die gleiche Belastung, wenn wir die Geschwindigkeit außen vor lassen.
Doch ergänzt man diese wichtige Variable ergibt sich eine komplett unterschiedliche Spannungszeit. 

Person A im 4210 Tempo hat bei 10 Wiederholungen 70 Sekunden Belastungszeit.
Person B hat mit dem 2010 Tempo bei 10 Wiederholungen nur 30 Sekunden Belastungszeit. 

Lassen wir die Kadenz also außen vor, fehlt uns ein wichtiges Kontrolltool für die Art der Belastung, sowie der genauen Fortschrittsmessung. 

Vorerst erstmal komplett unabhängig davon, was nun besser ist, wird durch das Fehlen der Kadenz im Trainingsplan weniger Kontrolle geboten. Somit entsteht eine ungenauere und willkürlichere Trainingsplanung. Und wie wir Wissen führt das nie zu besseren Ergebnissen. 

Siehe dazu auch den Blogartikel: Wie wichtig ist ein Trainingsplan? Diese 5 Punkte musst Du unbedingt darüber Wissen.

Kadenz – Eine wichtige Variable für Muskelaufbau im Krafttraining

Nun sollte dir also klar sein, dass ein Trainingsplan ohne die Angabe von Tempi ein mangelhafter Trainingsplan ist, der zu weniger Fortschritt führt.

Wenn es nun um den Kontext Muskelaufbau geht, stellt sich die Frage wie sich die Kadenz optimal einsetzen lässt. 

Der entscheidende Faktor ist hier nicht wahllos irgendwelche Tempoangaben zu machen, damit sie gemacht sind. Sondern diese so zu steuern, dass Schwachstellen ausgemerzt werden. 

Mögliche Schwachstellen, die mit einem guten Übungstempo angegangen werden können sind:

  • Weak Link in einem Bereich der Bewegung. Zum Beispiel beim Klimmzug am obersten Punkt. 
  • Mangelnde Kontrolle der exzentrischen oder konzentrischen Bewegung.
  • Zu viel Stretch Reflex im Umkehrpunkt der Bewegung. 
  • Verletzungen und Instabilitäten. 

Um nur einige zu nennen.

Hier kann mit dem passenden Tempo entgegengewirkt werden.

Mangelnde Kontrolle einer Bewegung in der Konzentrik, wie zum Beispiel bei der Kniebeuge, könnte mit der Super Slow Methode korrigiert werden.
Hier wird ein 5050 Tempo gewählt. Sprich der Kraftsportler verlängert die Aufwärtsbewegung bewusst auf 5 Sekunden, um so volle Kontrolle über die Bewegung zu erlangen. 

Häufig wird das Tempo lediglich unter dem Aspekt beleuchtet, ob es nun direkt zu mehr Muskelwachstum führt.
Hierbei wird jedoch der langfristige Effekt außer Acht gelassen. 

Eine Kniebeuge mit einem 5050 Tempo führt vielleicht nicht zu einem besseren Muskelwachstum wie ein 2010 Tempo das täte. Allerdings, führt die verstärkte Kontrolle in Zukunft dazu, dass der Trainierende höhere Gewichte verwenden kann. Und das führt wie wir Wissen wiederum zu mehr Muskelwachstum.

Denn wie wir bereits aus einem anderen Blogbeitrag wissen, ist insbesondere die mechanische Spannung ein relevanter Faktor, der zu Muskelaufbau führt. 1

Versuchen wir also am besten, die Welt nicht durch einen Strohhalm zu betrachten und konzentrieren uns auf den Kontext und die Langfristigkeit stellen wir fest, dass das Tempo eine enorm wichtige Variable im Krafttraining ist. 

Wie die Time under Tension, einer Wiederholung deine Progression beeinflusst

Im Kontext Progression und Muskeln aufbauen kann die Time under Tension eine entscheidende Rolle spielen.

Vor allem unter dem Gesichtspunkt des neuen Reizes. Einer der häufigsten Fehler der Trainierenden in Fitnessstudios ist es immer dasselbe zu machen. Der Körper gewöhnt sich an Belastungsvariablen und Reize und benötigt strukturierte aufeinander aufbauende Reize. 

Die Variation der Kadenz kann hier Wunder bewirken. 

Ein Gymgänger, der bisher immer unbewusst in einem 2010 Tempo trainiert hat (das tun die meisten), kann enorm von einem neuen Reiz in einem 4010 Tempo profitieren. Das Verlangsamen der Exzentrik sorgt für einen starken Reiz in puncto Kraft und Muskelaufbau. Und vor allem ist es ein neuer Reiz. Alleine das ist schon Grund genug, Kadenzen im Training mit einzubeziehen. 

Merke: Ein ungewohnter Reiz ist immer besser als ein gewohnter. 

Sind schnelle oder langsame Wiederholungen besser?

Gehen wir nun einmal der Frage auf den Grund, ob schnelle/ explosive oder langsame/ kontrollierte Wiederholungen besser sind für Hypertrophie. 

Schnell oder langsam trainieren für maximale Hypertrophie? Vor- und Nachteile von schnellen Wiederholungen. 

Der Forscher Brad Schönfeld hat zu diesem Thema eine systematische Auswertung aller Studien veröffentlicht und kam zu dem Schluss: 2  

 “Aus praktischer Sicht scheint es, dass eine ziemlich große Bandbreite von Wiederholungszeiten eingesetzt werden kann, wenn das Hauptziel darin besteht, das Muskelwachstum zu maximieren. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Training mit willentlich sehr langsamen Laufzeiten (>10s pro Wiederholung) aus hypertrophischer Sicht schlechter ist, obwohl ein Mangel an kontrollierten Studien zu diesem Thema es schwierig macht, endgültige Schlussfolgerungen zu ziehen.” 

Wir sehen also, es ist nicht ganz so einfach. Wie ich bereits vorher beschrieben habe sollte man sich diese Frage eher im Kontext der langfristigen Trainingsplanung und des aktuellen Ziels setzen. Im Krafttraining geht es natürlich langfristig darum, Muskeln aufzubauen. 

Doch um Muskeln aufzubauen spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, welche direkt auf dieses Ziel einzahlen. 

Dazu zählen:

  • Übungsausführung
  • Kontrolle in der Übung
  • Kraftentwicklung
  • Muskuläre Dysbalancen
  • Verletzungen

All diese Punkte können mit Kadenz positiv beeinflusst werden. Eine langsame exzentrische Phase führt zum Beispiel, dazu dass, Verletzungen minimiert werden. Gleichzeitig kann eine Pause am Umkehrpunkt für das Überwinden einer Schwachstelle in einer Bewegung von Vorteil sein. So kann langfristig mehr Kraft entwickelt werden. 

Lass uns versuchen aufzuhören in Schwarz und weiß zu denken. Meistens sind es die Grautöne, auf die es ankommt. 

Schnell Wiederholungen haben auf der anderen Seite den Vorteil der explosiven Kraftentwicklung.
Ein Gewichtheber wird kaum auf die Idee kommen, seine Lifts maximal langsam durchzuführen. Außerdem kann ein bewusst explosives Training, wie zum Beispiel bei einem 20×0 Tempo für eine Rekrutierung weiterer Muskelfasern sorgen.

Für ein solch schnelles Trainingstempo ist natürlich eine ausgezeichnete Bewegungsausführung der Grundbaustein. Jemand, der eine Kniebeuge noch nicht langsam kontrollieren kann, sollte diese nicht versuchen absichtlich schnell zu gestalten. 

Vor- und Nachteile von langsamen Wiederholungen

Einige Vorteile habe ich bereits im vorherigen Absatz benannt. 

Einen wirklichen Nachteil von einer kontrollierten exzentrischen Phase gibt es eigentlich nicht. Das einzige Problem kann die fehlende Variation sein. Das ist jedoch auch bei anderen Systemen der Fall. 

Im Grunde lässt sich durch gezielt langsame Wiederholungen in einem richtigen Trainings Set Up immer ein Vorteil generieren. 

Sollst du deswegen nur noch Übungen im 5050 Tempo machen?

Nein garantiert nicht. Die bewusste langsame Kontraktion (Konzentrik) kann zwar Vorteile bringen. Hat jedoch auf lange Sicht gesehen auch einige Nachteile. Wie z.b. ein geringerer mechanischer Reiz.
Nutze solche Systeme also primär um Plateaus oder mangelnde Kontrolle in einer Übung zu überwinden.

Ausgezeichnet eignet sich die Super Slow Methode zum Beispiel für Klimmzüge, wenn du mal nicht weiter kommst. 

Mach hierzu gerne Klimmzüge in einer 30/0/30/0 Variante. Sprich 30 Sekunden runter und 30 Sekunden hoch. 

Ja, das ist super fortgeschritten und dazu musst du schon mindestens 15 saubere Klimmzüge beherrschen, um einen solchen Klimmzug zu schaffen. Wenn du jedoch so weit bist, ist es eine ausgezeichnete Methode, um ein Plateau zu überwinden. 

PS: Falls du noch keinen Klimmzug kannst erfährst du in diesem Blogbeitrag wie du deinen ersten Klimmzug lernst. Inklusive Trainingsplan.

Optimale Kadenz für maximalen Muskelaufbau

Wie du nun sicher schon mitbekommen hast, gibt es keine optimale Kadenz.
Es ist viel mehr eine Frage von kluger Trainingsplanung, welche ein Tempo mit angibt, um so alle Trainingsvariablen gezielt steuern zu können. 

Du erinnerst dich an das Beispiel von weiter oben (gleiche Sätze und Wiederholungen aber komplett anderer Reiz). 

Abschließend möchte ich also eher noch auf ein paar Beispiele eingehen, sodass du mal etwas in deinem Training ausprobieren kannst und neue Reize setzt. 

Welche Übungen, lassen sich mit welchem Tempo optimal trainieren?

Welche Übung eignet sich also für welches Tempo?

Im Folgenden stelle ich dir ein paar Übungen mit unterschiedlichen Tempoangaben vor. 

ÜbungTempo
Kniebeuge4010, 5050, 7610, 10/010
Klimmzüge5012, 30/0/30/0, 4030, 50×0
Langhantel Bankdrücken3310, 4011, 7210, 3010
Kreuzheben40×0, 10/010, 4210, 4010

Stelle dir immer die Frage, was willst du mit dem Bewegungstempo erreichen. 

  • Möchte ich möglichst viel Muskelspannung und wenig Faszienarbeit ist eine Pause am Umkehrpunkt optimal.
  • Möchte ich eine sauber und kontrollierte Bewegung ist die Exzentrik relevant. 
  • Möchte ich mit wenig Gesamtgewicht trainieren, da mein Nervensystem gerade nicht so viel toleriert sind generell relativ langsame Reps sinnvoll. 

Am Ende solltest du natürlich auch die Variablen Zeit und Volumen mit beachten. 

Langsames Training bedeutet auch längeres Training. Machst du nun jede Wiederholung in jedem Satz in jeder Übung mit einem 10/010 Tempo dann kostet das ganz schön viel Zeit und ergibt nicht zwingend Sinn. 

Betrachte also immer den ganzen Kontext. 

Welche Kadenz eignet sich in welcher Situation?

Abschließend möchte ich dir noch ein paar Beispiele für unterschiedliche Übungstempos für die verschiedenen Trainingssysteme geben. 

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass um so mehr Wiederholungen in einem Satz absolviert werden, das Tempo umso geringer sein darf. 

Um so niedriger die Wiederholungen, desto mehr kannst du mit dem Tempo und den verschiedenen Phasen spielen. 

Bei einem Satz mit 20 Wiederholungen macht es wenig Sinn ein sehr langsames Tempo zu wählen. Einfach, weil der Satz dann zu lange benötigt. Das wäre nicht effektiv. Außerdem würden das die wenigsten wirklich durchhalten. 

Gehen wir mal ein paar Beispiele durch:

Du kommst beim Bankdrücken nicht weiter. Im unteren Drittel fehlt dir am Ende die Power.

Hier wäre zum Beispiel ein 4210 Tempo optimal. Es sorgt dafür, dass du den faszialen Stretch Reflex rausnimmst und so im unteren Drittel mehr aus der Kraft deiner Brustmuskulatur arbeiten musst. 

Nutze am besten für 3 Wochen folgendes System:

A: LH Bankdrücken, schulterbreiter Griff 4210 Tempo 6x 5 Wiederholungen 120 Sekunden Pause

Du spürst bei der Kniebeuge deine Oberschenkelvorderseite nicht.

Ein häufiges Problem ist die fehlende Ansteuerung der Muskeln. Um mehr Muskelfasern in den Quads zu rekrutieren, nutze folgendes System:

A: Step Up auf eine Box, Oberschenkel horizontal zum Boden in Startposition 2110 Tempo 4×12 120s Pause

B: Langhantel Kniebeuge, Fersen erhöht 5050 Tempo 6x 5, 180s Pause

Beim Kreuzheben bricht ab den Knien immer deine Technik ein.

Das spricht für einen Weak Link in der mittleren Position. Nutze dieses System:

A: LH Kreuzheben vom Boden, 411(2)0 8x 3 Wiederholungen 180s Pause

Hier machst du eine 2-sekündige Pause kurz unterhalb des Knies. 

Ich könnte 100te solcher Beispiele aufzählen. Ich denke allerdings, dass du einen ganz guten Einblick bekommen hast. 

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Studienangaben

  1. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/128681
  2. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25601394

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Toni Bonfiglio

Zertfizierter Strength & Health Coach

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Über Toni Bonfiglio

Toni ist zertifizierter Strength & Health Coach und Erfinder der
SIEGE-Methode. Er betreut seit 2017 Kraftsportler, bei dem Erreichen Ihres Traumkörpers. 
Selbst ist er seit 2009 leidenschaftlicher Kraftsportler. 
Hier erfährst du mehr über ihn.
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